Der Lebensweg eines Chefs ist im Allgemeinen mit Leichen gepflastert. Was nicht ohne Folgen für dessen Persönlichkeit bleibt. Konspiration, Intrigen und Verschwörungen hinterlassen ihre Narben. Ständig damit beschäftigt nachzuschauen, ob noch alle Beine am Stuhl sind. Überall nur Feinde, sich nie sicher fühlen. Wen wundert es, wenn der eine oder andere Chef manchmal müde ist, eine weitere Entscheidung zu fällen, was ja nichts anderes heißt als – wer wird das nächste Opfer. Dabei wird ganz übersehen, dass der Chef an sich durchaus ein sensibles Wesen ist, das sich Stunde für Stunde mitfühlend Gedanken über die Zukunft seiner Mitarbeiter macht.
Entscheidungsschwäche falsch verstanden
Aber es gibt auch noch weitere Gründe, warum es einem Chef schwer fällt, Entscheidungen zu treffen. Was durchaus den falschen Eindruck erwecken kann, es handele sich um ein Entscheidungsschwäche.
• Der Chef hat Angst vor den Konsequenzen. Den Mitarbeiter zum Beispiel loben, würde bedeuten, dass dieser nach mehr Lohn verlangt. Nur in der Kritik steckt wahre Führung. Desto kleiner sich der Mitarbeiter fühlt, desto weniger Ideen entstehen für irgendwelche lästigen Pseudoverbesserungsvorschläge. Und da Chef diese sowieso ablehnt, könnte der Mitarbeiter in eine tiefe emotionale Krise fallen. Welche Verantwortung! Das hat absolut nichts mit Entscheidungsschwäche zu tun.
• Es gibt zu wenig Alternativen für Entscheidungen. Zwischen einer positiven und einer negativen Alternative zu entscheiden stellt eine leichte Übung das. Und wie sieht es mit zwei unangenehmen Alternativen aus? Zum einen die an das Gehalt und Boni geknüpfte Zielvereinbarung des Chefs, die Ausgaben für Personal zurückzufahren und dem Wunsch des Mitarbeiters, Überstunden vergütet zu bekommen? Ein Herauszögern dieser Entscheidung ist keine Entscheidungsschwäche, sondern Einsicht in die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit knapper Kassen.
• Wer sein ganzes Arbeitsleben Entscheidungen getroffen hat, sollte sich auch zugestehen, in den letzten Jahren nicht auch noch die Welt verändern zu wollen. Da kann man auch mal mit einer nicht getroffenen Entscheidung leben. Auf keinen Fall sollte ein innerer Vorwurf entstehen, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben. Wer weiß schließlich schon, was die Zukunft noch bringt?
• Entscheidungen werden mitunter auch gerne in ihrer Bedeutung übertrieben. So als wenn unser Überleben davon abhängt. Dabei gilt es, alles genau zu durchdenken und Eventualitäten abzuwägen. Ein neuer Gedanke widerspricht dem Credo der kontinuierlichen Verbesserung. Keine Entscheidung ist keine Entscheidungsschwäche sondern Weiterentwicklung.
• Dem Mitarbeiter bei einer neuen Aufgabenstellung helfen oder ihn gar auf eine Schulung schicken ? Letzteres führt den Mitarbeiter nur auf einen Irrweg, dieser braucht einfach nur Zeit. Also: keine Entscheidung treffen ist der Königsweg, damit keine Entscheidungsschwäche. Die Zeit heilt alle Wunden und Probleme. Zum Überleben braucht man nur eine Brücke als Dach und ein Stück Brot. Fließend Wasser befindet sich in unmittelbarer Nähe. Alles andere ist Luxus.
Fehlentscheidungen entstehen durch falsche Entscheidungen. Nur eine nicht getroffene Entscheidung vermindert das Risko!