Der Einmarsch der türkischen Armee in Nordsyrien mag völkerrechtswidrig sein, nur wen interessiert das in diesem vom Krieg zerrissenen Land. Rund 3,5 Millionen Flüchtlinge aus Syrien harren in der Türkei aus. Es heißt, Erdogan will sie in Nordsyrien ansiedeln, jetzt wo die wirtschaftliche Lage in der Türkei schlechter wird. Also auf kurdischem Gebiet. Wie finden die Kurden das? So betrachtet wirkt es wie eine Landnahme und erinnert irgendwie an Tibet mit der Ansiedlung von Millionen Chinesen und dem damit verbundenen Zurückdrängen der autochthonen Bevölkerung. Aber geht es im Krieg nicht immer nur um Land? Der amerikanische Präsident hatte den Truppenabzug aus Nordsyrien schon länger angekündigt und kam dann doch überraschend, nur hat die EU in der verfügbaren Zeit die entstehende Lücke nicht füllen wollen. Nun nutzt diese der türkische Ministerpräsident. Und Erdogan mag alles, aber keine Kritik an sich und seiner Politik. Droht der EU, sie mit Millionen von Flüchtlingen zu überschwemmen, wenn sie sich weiterhin quer stellt. Könnte man als politische Nötigung auffassen.
Merkel hat sich mit ihrem Flüchtlingsdeal Erdogan ausgeliefert und Europa erpressbar gemacht. Gab dem türkischen Ministerpräsidenten viele Milliarden für die Flüchtlinge, damit Europa nicht unschönen, vielleicht auch schwer aushaltbaren Bildern ausgesetzt wird. Natürlich diente das nur dem eigenen Machterhalt. „Wir schaffen das!“ hieß nicht anderes als „Wir schaffen es, dass Du an der Macht bleibst!“
Und nun möchte Erdogan, dass die Europäische Union seine osmanischen Grossmachtsträume für gut befindet. Er darf sich da ganz sicher sein. Der Widerstand gegen seine Pläne wird höchstens von zartem Hauche sein. Europa wird, Merkel sei Dank, wieder einmal von einem Autokraten vorgeführt.